Beckenboden­training bei Inkontinenz

Das Beckenbodentraining gehört zu den am häufigsten eingesetzten Maßnahmen bei einer Belastungsinkontinenz. Es zählt zu den konservativen Therapien und greift als solche nicht stark in die natürlichen Abläufe des Körpers ein. In diesem Beitrag erfahren Sie genauer, was Beckenbodentraining ist und wie es wirkt.

Inhalte

Was ist der Beckenboden?

Der Beckenboden ist genau das, was der Name vermuten lässt: der Boden des Beckens. Er besteht jedoch nicht wie das umliegende Becken aus Knochen, sondern aus verschiedenen flächigen Muskelsträngen und Bindegewebe und ist ungefähr handflächengroß. Dadurch ist er elastisch und gewährt den Organen im Bauch und dem Becken einen gewissen Bewegungsspielraum, während sie trotzdem zuverlässig an Ort und Stelle gehalten werden. [2]

Im Alltag unterstützt uns der Beckenboden bei fast allen Bewegungen. Er spannt sich zum Beispiel beim Gehen, Rennen, Lachen oder Niesen an und unterstützt so die Schließmuskulatur von Harnröhre und After. Auf der Toilette entspannt sich der Beckenboden zusammen mit den Schließmuskeln, so dass Blase und Darm geleert werden.

Bei gesunden Menschen geschieht das ganz unbewusst. Erst wenn die Funktion des Beckenbodens gestört ist bzw. die Spannkraft nachlässt, setzen sich die meisten Menschen mit ihm auseinander. Viele hören dann zum ersten Mal vom Beckenbodentraining.

Worum geht es beim Beckenbodentraining?

Anders als die meisten Muskeln im Körper ist der Beckenboden im Alltag weder spür- noch sichtbar. Genau wie alle anderen Muskeln, verliert er im Laufe der Zeit an Muskelmasse, Elastizität und Spannkraft. Außerdem nimmt die Fähigkeit, den Beckenboden gezielt anzuspannen, im Alter ab.

Steigt gleichzeitig die Belastung, z. B. in Form von Übergewicht oder einer Schwangerschaft, ist der Beckenboden schnell nicht mehr stark genug und kann seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen. Die Folgen sind unter anderem die Entstehung einer Harninkontinenz. [2]

Sie können Ihren Beckenboden ebenso trainieren wie andere Muskeln auch. Im Rahmen eines Beckenbodentrainings lernen Sie passende Übungen kennen und erfahren, wie Sie in Zukunft Ihren Beckenboden selbst trainieren und kräftig halten.

Kegelübungen
Häufig wird das Beckenbodentraining auch als Kegelübung bezeichnet. Das liegt aber nicht daran, dass als Hilfsmittel Kegel zum Einsatz kommen. Die meisten Übungen wurden von Arnold Kegel erfunden und deswegen auch nach ihm benannt. [2]

Beckenbodentraining nach Schwangerschaft

Dieser Artikel gibt Informationen zum Beckenbodentraining beiHarninkontinenz. Das Beckenbodentraining nach der Schwangerschaft und Geburt fällt in den Bereich der Rückbildung und sollte erst nach Rücksprache mit Hebammen oder Gynäkologen begonnen werden.

Was macht man beim Beckenbodentraining?

In den meisten Fällen ist ein umfangreiches Beckenbodentraining in drei Stufen eingeteilt:

  1. Beckenboden wahrnehmen
  2. Beckenbodenaktivität steigern
  3. Beckenboden kräftigen [3]

Hilfsmittel beim Beckenbodentraining

Mittlerweile weit verbreitet ist das sogenannte Biofeedback. Dabei messen spezielle Geräte die Muskelaktivität des Beckenbodens und geben mittels aufleuchtender Lichter oder Signaltönen Rückmeldung, wenn man den Beckenboden wie gewünscht anspannt. Fortgeschrittene Geräte können sogar messen, wie stark die Spannung ist und dadurch beim gezielten Üben unterstützen. [4]

Andere Hilfsmittel sind Vaginalkonen oder Vaginalkugeln, die es jeweils in Sets mit verschiedenen Größen und Gewichten gibt. Sie kommen allerdings nur für Menschen mit Vagina infrage. Sie führen die Kugel vaginal ein und spannen dann den Beckenboden an, um sie an Ort und Stelle zu halten. [4]

Außerdem lässt sich die Beckenbodenmuskulatur auch mit Hilfe von Elektrotherapie trainieren. Über zwei Elektroden, zwischen denen ein niedriger Strom fließt, werden dabei die Muskeln im Beckenboden aktiviert und spannen sich an. [4]

Wie lange dauert es, bis der Beckenboden trainiert ist?

Wie häufig und wie lange das Beckenbodentraining dauert bis Erfolge spürbar sind, ist individuell unterschiedlich. Der Fortschritt wird davon beeinflusst, wie stark der Beckenboden bereits ist und ob er sich durch Übungen generell schnell kräftigen lässt.

Allgemein wird empfohlen, an fünf Tagen in der Woche täglich zweimal für etwa 15 Minuten den Beckenboden zu trainieren. Das mag sich auf den ersten Blick viel anhören. Mit der Zeit müssen Sie dem Training aber nicht mehr Ihre ganze Aufmerksamkeit widmen, sondern können es einfach nebenher in den Alltag integrieren. [5]

Die ersten positiven Effekte können bereits nach vier Wochen regelmäßigem Training einsetzen. Trotzdem sollten Sie dann auf keinen Fall mit dem Training aufhören, sondern beständig weiter üben. Nur durch regelmäßiges Training bleibt dein Beckenboden stark. [5]

Warum hilft Beckenbodentraining?

Beckenbodentraining hilft Ihnen, den Schließmuskel der Blase zu stärken. Deswegen sind Kegelübungen bei einer Belastungsinkontinenz ein wichtiger Bestandteil der Behandlung. [3]

Quellen

[1] https://link.springer.com
[2] Gödl-Purrer, B. Der Beckenboden im Alter. Manuelle Medizin 58, 204–209 (2020). https://link.springer.com
[3] Betschart, C., Scheiner, D., Fink, D., & Perucchini, D. (2008). Konservative Therapie von Harninkontinenz, Drangsymptomen und Genitaldeszensus. Journal für Urologie und Urogynäkologie, 15(3), 23-30. https://www.kup.at 
[4] Uher, E. M., & Hexel, M. (1998). Apparatives Beckenbodentraining. Durchführung und Stellenwert im Vergleich zum klassischen Beckenbodentraining. J für Urologie und Urogynäkologie, 5(1), 34-37. https://www.kup.at
[5] Beckenbodentraining mit Vaginalkugeln. (2016). Urologie Scan, 03(01), 29–29. doi:10.1055/s-0042-101512 
[6] Zwimpfer, B. & John H. (2016). Die Belastungsinkontinenz der Frau: Konservative und operative Therapie Hand in Hand. Journal für Urologie und Urogynäkoklogie 23 (1), 23-25. https://www.kup.at
[7] https://www.apotheken-umschau.de